Von Salzmann als Geschäftsmann lernen

Der studierte evangelische Theologe Salzmann, der als Pfarrer in Rohrborn und der Andreaskirche in Erfurt wirkte, bevor er nach Dessau an das von Basedow gegründete erste deutsche Philanthropin als Liturg und Religionslehrer wechselte, war auch ein begnadeter Geschäftsmann. Anders ist nicht zu erklären, wie er mit dem geringen Startkapital, das ihm Herzog Ernst von Gotha-Altenburg zur Verfügung stellte, die Anstalt errichten und betreiben konnte. Darüber hinaus war er auch ein überaus erfolgreicher Volksschriftsteller.

Lesen wir in Ch. G. Salzmann: Nachrichten aus Schnepfenthal für Eltern und Erzieher (Band 1), LEIPZIG, bey SIEGFRIED LEBRECHT CRUSIUS, 1786. den Vorbericht:

"Das Wirken des Guten im Stillen ist ein höchst seliges Geschäft. Man darf dabey keinem andern Richter, als dem Allwissenden, und seinem eignen Gewissen, von seinen Handlungen, Rechenschaft geben, die allemal mit uns zufrieden sind, wenn wir thaten, was unsere Kräfte vermochten; und wann dann eine gute Handlung gelingt, so genießt man die daraus entspringende Freude ganz, ohne daß sie durch die schiefen Urtheile der Zuschauer verbittert wird.

Ganz anders ist es mit dem öffentlichen Wirken. Hier hat man fast eben so viele Richter als Zuschauer, die uns gemeiniglich nicht sowohl nach den Absichten und nach der Treue, womit wir handeln, als vielmehr nach dem Erfolge unserer Handlungen beurtheilen, die denjenigen, dessen Unternehmen gelang, mit Lobpreisungen überschütten, und ohne Barmherzigkeit jeden für einen Thoren erklären, dessen Bemühungen fehl schlagen. Hier mischt sich immer der Neid und die Eifersucht ins Spiel, welche den redlichsten Unternehmungen eine falsche Deutung geben, die uns niemals die Freuden des Wohlthuns unverbittert genießen lässt.

Heil also dem, der von menschlichen Richtern unbemerkt, im Stillen seine Pflicht erfüllen, und Freude um sich verbreiten kann!

Nicht allen ist aber dieses Glück beschieden. Einige Handlungen sind so beschaffen, dass sie ihrer Natur nach oeffentlich geschehen müssen, und Aufopferung des ruhigen Genusses erfordern, der die Wirkung des Guten im Stillen zu begleiten pflegt.

Von dieser Art ist gewiß auch die Gründung und Verwaltung unserer Erziehungsanstalt in Schnepfenthal. Zur Erhaltung derselben haben wir keinen andern Fond als unsern eignen Fleiß und die Gelder, welche uns von den Zoeglingen gezahlt werden, die man uns anvertrauet. Waere der erste zu unserer Absicht hinreichend, so würden wir gern alles oeffentliche Geraeusch meiden, und unter der Aufsicht Gottes und unsers Gewissens von der Welt unbemerkt, unsere Arbeiten treiben. Da dieß aber nicht ist, vielmehr wenigstens eine kleine Anzahl zahlender Zoelinge erfordert wird, wenn wir unsere Absichten erreichen wollen, so koennen wir nicht anders, als oeffentlich handeln, und dem Publicum unsere Handlungsart bekannt machen.

Denn wie koennen denn Eltern zu uns Zutrauen schoepfen, wenn sie uns nicht kennen? oder welches noch schlimmer ist, wenn sie uns aus Urtheilen kennen, welche die Lieblosigkeit von uns verbreitet?

Zwar giebt es mancherley Wege, durch welche wir unsere Mitbürger, von unserm Daseyn, Bestehen und Wirken, benachrichtigen koennten: aber unter allen hat uns doch keiner kürzer und sicherer, als dieser geschienen, daß wir selbst von Zeit zu Zeit eine treue Vorstellung von unserm Schicksale, Zustande und Arbeiten machten. Denn ob man gleich einwenden koennte, daß das Zeugnis, das man von seiner eigenen Sache ablegt, verdächtig sey: so ist doch unsere Lage so beschaffen, daß, wenn wir auch zu Ablegung eines falschen Zeugnisses Faehigkeit haetten, wir es doch deswegen nicht koennen, weil die Beobachtung der Benachbarten sowohl als der Fremden, die wir nie scheuen, es unmoeglich macht, und uns allemal einen oeffentlichen Widerspruch erwarten laeßt, falls wir die Wahrheit nicht reden sollten.

In dieser Absicht haben wir uns entschlossen diese Nachrichten aus Schnepfenthal zu schreiben."

Hartmut Backe

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